Haidforst - Bericht der öffentlichen Stadtratssitzung vom 25.3.2010

Traunsteiner Stadtratssitzung vom 25. März 2010 um 15:00 Uhr im großen Saal
Protokoll des Tagesordnungspunktes 3: “Vollzug des Baugesetzbuches (BauGB); Änderung des Flächennutzungsplanes zur Darstellung eines Gewerbegebiets zwischen dem vorhandenen Gewerbegebiet an der Industriestraße, der Bundesstraße 304 und der Stadtgrenze”.
Dieses Protokoll beruht auf handschriftlichen Notizen die während der Stadtratssitzung angefertigt wurden. Diese Notizen sind wegen der Kürze der Zeit unvollständig und können deshalb auch fehlerhaft sein. Die Aussagen der an der Diskussion Beteiligten sind stark verkürzt wiedergegeben.

Der erste Redebeitrag kam von Dr. Rainer Schenk von der Traunsteiner Liste: Herr Schenk lehnte den Antrag entschieden ab und wies darauf hin dass die Waldfläche im Traunsteiner Stadtgebiet in den letzten 40 Jahren bereits von 50 % auf 38% geschrumpft sei. Ferner wies Herr Schenk auf die 1300 gesammelten Unterschriften gegen die Rodung des Haidforstes hin. Herr Schenk bemängelte dass die Pläne nicht früher zugänglich gemacht wurden und er somit kaum Zeit hatte sich einen Überblick über die Sachlage zu verschaffen. Herr Schenk wies darauf hin dass bis vor wenigen Monaten noch von einem “Containerterminal” und jetzt plötzlich von einem “Güterverteilzentrum” die Rede sei und wollte wissen worin hierbei die Unterschiede liegen.
Die Antwort hierzu von Herrn Kösterke: Pläne bzw. Unterlagen an Stadträte vor Stadtratssitzungen zu verteilen ist in Traunstein nicht üblich, außerdem hätte sich Herr Schenk die Pläne in der Stadtverwaltung selbst besorgen können. Weiterhin wies Herr Kösterke darauf hin dass die Verhandlungen mit dem Eisenbahnbundesamt noch gar nicht abgeschlossen sind. Erst wenn das Eisenbahnbundesamt den Bau eines Terminals bewilligen würde würde später nochmal vom Traunsteiner Stadtrat über den Bau eines Terminals entschieden, und erst dann käme es zu Waldrodungen.
Redebeitrag von Walburga Mörtl-Körner von B90 / Grüne: Auch Frau Mörtl-Körner bemängelte das Fehlen der Unterlagen und damit der zur Entscheidungsfindung nötigen Informationen. Ferner wies Frau Mörtl-Körner darauf hin dass das Gutachten bereits seit 1,5 Jahren laufe und noch nicht abgeschlossen sei. Sie empfahl daher abzuwarten bis das Gutachten verfügbar sei.
Redebeitrag von Herrn Kösterke: “Die Änderung des Flächennutzungsplanes hat überhaupt nichts mit einer Rodung von Teilen des Haidforstes zu tun.”
Redebeitrag von Frau Bödeker, SPD SPD Fraktionsvorsitzende Frau Bödeker machte klar dass ihre Fraktion gegen eine Rodung großer Teile des Haidforstes ist. Lediglich einer Teilrodung von etwa 2 Hektar für konkrete Gewerbenachfragen wären sie bereit zuzustimmen. Frau Bödeker wies auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 1975 hin in dem festgelegt wurde dass im Haidforst keine weiteren Rodungen stattfinden sollen. Auch Frau Bödeker wies darauf hin dass im Moment keine Notwendigkeit für einen Stadtratsbeschluss bestünde da das Eisenbahnbundesamt noch keine Entscheidung für den Standort gefällt habe. “Warum diese Eile?”
Die Antwort hierzu von Herrn Kösterke: “Ein Güterterminal ist Grundlage für die Änderung des Flächennutzungsplans, deshalb muss bereits zum jetzigen Zeitpunkt abgestimmt werden” (Anm. d. Verfassers: Es scheint sich um ein “Henne-Ei-Problem” zu handeln)
Redebeitrag von Wilfried Schott von B90 / Grüne: Herr Schott meinte er hätte das Gefühl dass hier künstlich ein Bedarf geschafft werden würde der überhaupt nicht vorhanden sei. Auch Herr Schott bemängelte dass er die nötigen Unterlagen / Pläne die er zur Entscheidungsfindung benötige nicht / bzw. erst sehr spät erhalten habe.
Redebeitrag von Frau Waltraud Wiesholer-Niederlöhner, SPD: Frau Wiesholer-Niederlöhner wies zunächst darauf hin, dass die Meinung der SPD-Kreistagsfraktion zu diesem Thema keine Bedeutung habe weil es sich bei diesem Thema um ein Thema der Stadt Traunstein und nicht des Landkreises drehe. Auch Frau Wiesholer-Niederlöhner beklagte dass sie bisher keine relevanten Informationen erhalten habe um einer Änderung des Flächennutzungsplanes zustimmen zu können. Außerdem wandte sich Frau Wiesholer-Niederlöhner gegen eine Rodung in solchen Dimensionen, Aussage: “Nicht in dieser Massivität”.
Redebeitrag von Dr. Schenk, Traunsteiner Liste: Herr Schenk stellt den Antrag zur Verschiebung der Abstimmung zur Änderung des Flächennutzungsplanes “bis wir wissen dass das Güterverteilzentrum überhaupt kommt”.
Redebeitrag von Wolfgang Osenstätter, CSU: Herr Osenstätter zeigt sich verwundert über die zahlreichen Klagen wegen zu wenig Information bezüglich der Pläne / Unterlagen zur Entscheidungsfindung. Er sagt er sei seit ca. 8 Jahren Stadtrat und man bekomme als Stadtrat nie Unterlagen vorgelegt und empfiehlt den anderen Stadtratsmitgliedern die sich darüber beklagt hatten sich die Informationen zukünftig zeitig selbst bei der Stadtverwaltung zu besorgen.
Redebeitrag von Herrn Rainer Schenk, Traunsteiner Liste: Herr Schenk möchte sich sich wegen der unzureichenden Informationen an Herrn Osenstätter wenden, ihm wird von Herrn Kösterke jedoch das Wort entzogen.
Redebeitrag von Dr. Thomas Graf, Traunsteiner Liste: Herr Graf bedankt sich bei Herrn Kösterke für dessen klare Aussage dass es bei dem geplanten Terminal im Haidforst darum gehe “Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen”. Herr Graf weist noch darauf hin dass es bei einem solch erwartet großen Güterumschlagsplatz zwangsläufig zu hohen Abgasemissionen kommen würde da LKWs die auf Umladungen warten müssten Ihre Ware mit Kühlaggregaten kühlen müssten, und dies teilweise die ganze Nacht.
Antwort von Herrn Kösterke: “Abgase hat man so oder so”.
Redebeitrag von Herrn Karl Schulz, CSU: Wir wollen das Güterterminal. Wichtig für Investoren ist Planungssicherheit.
Redebeitrag von Herrn Thomas Miller, UW: Wir wollen das Güterterminal, man kann nicht immer nur warten.
Redebeitrag von Frau Waltraud Wiesholer-Niederlöhner, SPD: Unsere Fraktion wird gegen eine Änderung des Flächennutzungsplanes stimmen. Wir wollen erst wissen was dort überhaupt hinkommen soll. Außerdem sind wir gegen eine Waldrodung in dieser Größe. Wir haben zu wenig Infos und stimmen schon deshalb nicht für eine Änderung des Flächennutzungsplanes.
Redebeitrag von Wilfried Schott, B90 / Grüne: Über eine Änderung des Flächennutzungsplanes sollten wir erst abstimmen wenn wir mehr Informationen und damit mehr Klarheit haben.
Antwort von Herrn Kösterke: Ohne Förderung des Eisenbahnbundesamtes wird es kein Güterverteilzentrum geben.
Redebeitrag von Walburga Mörtl-Körner von B90 / Grüne: Frau Mörtl-Körner weist darauf hin dass es dort zu einer Investitionsruine kommen könnte da bei einem unwirtschaftlichen Betrieb der Anlage Fördergelder an den Bund zurückgezahlt werden müssten. Auch Frau Mörtl-Körner ist der Meinung das zum jetzigen Zeitpunkt notwendige Informationen fehlen würden und man deshalb derzeit keine Stadtratsentscheidung bezüglich Änderung des Flächennutzungsplanes beschließen sollte.
Redebeitrag von Herrn Kösterke: Zum wiederholten male stelle ich klar “Es geht um Verlagerung des Gütertransportes von der Straße auf die Schiene”.
Redebeitrag von Herrn Hans Zillner, CSU: Herr Zillner beantragt die Einstellung der Diskussion. “Wir wissen eh wo wir stehen”.
Die Diskussion wird daraufhin von Bürgermeister Kösterke für beendet erklärt.
Abstimmungsergebnis über den Antrag der Traunsteiner Liste für eine Verlegung der Abstimmung zur Änderung des Flächennutzungsplanes da zum jetzigen Zeitpunkt zu wenige Informationen vorliegen:: Ja: 9 (Grüne, Traunsteiner-Liste und SPD) Nein: Rest (UW und CSU) D.h. Antrag Abgelehnt.
Abstimmungsergebnis für eine Änderung des Flächennutzungsplanes zur Darstellung eines Gewerbegebietes im Traunsteiner Haidforst: Nein: 9 (Grüne, Traunsteiner-Liste und SPD) Ja: Rest (UW und CSU)
D. h. die Änderung des Flächennutzungsplanes von Teilen des Haidforstes wurde somit mit den Stimmen von UW und CSU angenommen.
Nachbetrachtungen
Vier Stadträte aus drei verschiedenen Fraktionen haben sich darüber beschwert nur unzureichend und viel zu spät über die genauen Pläne zur Änderung des Flächennutzungsplanes informiert worden zu sein. Nachdenklich machen müssen hierzu auch die Aussagen von Stadtrat Miller und von Bürgermeister Kösterke dass dies im Traunsteiner Stadtrat so üblich sei.
Bis vor kurzem war von einem “Containerterminal” die Rede, nun spricht man von einem “Güterverteilzentrum” . Anscheinend weiß niemand im Stadtrat was dort eigentlich gebaut werden soll. Gemutmaßt wurde von einem der Stadträte auch dass es sich dabei um ein Verteilungszentrum von LKW zu LKW handeln könnte, dies wurde von Herrn Kösterke aber bestritten.
Herr Kösterke hat mehrmals darauf hingewiesen dass es bei dem Projekt darum geht “Güter von der Straße auf die Schiene” zu bringen. Solche Infrastrukturentscheidungen sind nur von dauerhafter Relevanz wenn sie in Berlin oder gar Brüssel entschieden und koordiniert werden. Jeder weiß dass die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft in Berlin bzw. Brüssel vorgegeben werden und nicht in Traunstein. Was bringen Herrn Kösterke und die Mehrheit der Traunsteiner Stadträte dazu sich solcher Argumente zu bedienen? Aufgabe des Traunsteiner Stadtrates wäre es sich um die Gegebenheiten in Traunstein zu kümmern und nicht europäische Verkehrs- und Wirtschaftspolitik zu betreiben.
Bei den durch die Traunsteiner Liste und B90 /Grüne initiierten Begehungen des Haidforstes im Herbst 2009 war von Herrn Kösterke mehrfach erwähnt worden die Änderung des Flächennutzungsplanes für eine spätere Ausweisung als Gewerbegebiet sei notwendig weil mehrere Anfragen aus der Traunsteiner Wirtschaft nach zusätzliche Gewerbeflächen erfolgt seien. Schon damals fiel auf dass Herr Kösterke keinerlei Angaben um welche Firmen es sich handelt machen konnte oder wollte. Von solchen Anfragen war in der heutigen Stadtratssitzung nun auch keine Rede mehr.
Die Aussage von Herrn Kösterke während der heutigen Stadtratssitzung dass ein Güterterminal die Grundlage für eine Änderung des Flächennutzungsplanes sei deutet darauf hin dass es die Befürworter einer Rodung derzeit noch mit einem Henne-Ei Problem zu tun haben. Ein konkreter Bedarf scheint offensichtlich gar nicht vorhanden zu sein.
Welche Wertschöpfung für die Stadt Traunstein wäre von einem “Güterverteilzentrum” im Traunsteiner Norden zu erwarten? Da Traunstein nicht, so wie Traunreut, über nennenswerte produzierende Industrie verfügt bleibt auch nach der heutigen Stadtratssitzung vollkommen im dunklen worin bei einem solchen Projekt der Vorteil für die Stadt Traunstein liegen soll. Keiner der Traunsteiner Stadträte der heute für die Änderung des Flächennutzungsplanes gestimmt hat hat sich hierzu geäußert.

Stadtrat Karl Schulz, CSU hat während der Sitzung darauf hingewiesen dass die Investoren Planungssicherheit benötigen. Um welche Investoren handelt es sich? Es war während der Stadtratssitzung nur von einem “Güterverteilzentrum” bzw. “Containerterminal” die Rede mit dem der Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden soll. Einziger Investor wäre demnach die Deutsche Bahn. Herr Schulz scheint bereits mehr zu wissen.

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